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Starke Schmerzmittel gibt es in der Apotheke bald nur noch dienstags!

Wie die Ampelregierung die Arznei­mittel­versorgung der Bevölkerung zerstört.

Erschienen in der BNN vom 27. 7. 2024

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Die Gruppe Karlsruher Apotheker e. V., bestehend aus über 50 Mitgliedsapotheken, sowie dutzende weitere Apotheken aus dem Großraum Karlsruhe warnen vor dem Gesetzesentwurf von Dr. Karl Lauterbach (SPD).
»Diese Mogelpackung wird das Apothekensterben beschleunigen und öffnet Tür und Tor für eine Zwei-Klassen-Medizin!«

Eine Geschichte, wie Sie in Zukunft Realität werden könnte, wenn Herr Prof. Dr. Karl Lauterbach (SPD) seine Apothekenreform gegen den Willen aller Gesundheitsversorger durchsetzt:

»40 Jahre sind nun Herr und Frau Müller verheiratet. Sie schauen auf eine spannende und glückliche Zeit zurück. Herr Müller ist zuletzt 72 geworden und der unheilbare Lungenkrebs bereitet ihm immer mehr Schmerzen, vor allem beim Atmen. Doch plötzlich ist es schlimmer geworden. Es ist Freitag, Frau Müller ist überglücklich, dass ihr Hausarzt auf dem Heimweg noch vorbeischaut. Sie möchte auf keinen Fall ins Krankenhaus mit ihm, er wollte immer zu Hause seine letzten Stunden verbringen. Der Hausarzt bereitet einen Schmerz-Tropf vor, sodass Herr Müller schmerzfrei sein kann. Er lässt auch noch ein Rezept für Morphin-Ampullen da, für alle Fälle.

Keine Stunde später werden die Schmerzen heftiger, Frau Müller hat keine Angehörigen, die ihr helfen können. Die gehbehinderte Nachbarin ist einverstanden, bei ihrem Mann zu bleiben. Frau Müller läuft zu Ihrer Apotheke, keine 10 Minuten entfernt, Autofahren kann sie nicht mehr. Es ist 16 Uhr, die Apotheke hat zum Glück noch offen. Sie legt ihr Rezept auf den Tresen und erzählt, wie schlecht es ihrem Mann auf einmal geht. Frau Müller ist bekannt in der Apotheke, sie wird freundlich empfangen: »Es tut mir leid, Frau Müller, dass es ihrem Mann so plötzlich schlecht geht. Ich würde Ihnen gerne helfen, aber unsere Apothekerin ist nur dienstags da. Nur sie darf starke Schmerzmittel abgeben. Die nächste Apotheke mit anwesender Apothekerin ist in Neustadt, keine 20 km entfernt!«

Sie meinen diese Geschichte ist weit hergeholt, oder Sie denken, Sie sind davon nicht betroffen, weil Sie gesund und mobil sind?

Es wird traurige Wirklichkeit werden und jeder wird die Auswirkungen spüren, wenn die von Herrn Prof. Dr. Karl Lauterbach angestrebte Apothekenreform kommt. Denn es geht um so vieles mehr, als um starke Schmerzmittel!

Ihr Kind bekommt nachts plötzlich Fieber, oder Sie haben sich in der Hektik der Feiertage in den Finger geschnitten? Sie haben Allergien oder vertragen Ihre Medikamente nicht? Sie brauchen eine individuell hergestellte Creme von Ihrem Hautarzt? Sie brauchen qualifizierte Beratung zu Impfungen, oder weil Sie viele verschiedene Medikamente gleichzeitig einnehmen müssen? …

All diese Leistungen Ihrer Apotheke möchte Herr Lauterbach Ihnen wegnehmen. Mit blumigen Worten schreibt er von einer Stärkung der Apotheken vor Ort, stärkt aber gegen den Willen aller Gesundheitsdienstleister die Holland-Versender DocMorris und Shop-Apotheke. Er spricht von »Flexibilisierung« und »Anreizen für neue Apotheken«, meint aber die Vernichtung der vollversorgenden Vor-Ort-Apotheke. Die Folgen werden gravierend sein, ein klassischer Etikettenschwindel! Apotheken ohne Apotheker, sogenannte »Light-Apotheken« sollen es richten. Haben Sie schon mal von Operationssälen ohne Ärzte, oder Flugzeuge ohne Piloten gehört?

Würden Sie dann noch fliegen wollen? Hätten Sie dann noch Vertrauen in die Arztpraxis? Unvorstellbar!

Herr Lauterbach ist der Überzeugung, dass einmal die Woche für 8 Stunden ein Apotheker in der Apotheke ausreicht, um Patienten und Kunden vollumfänglich beraten und betreuen zu können. Notfalls soll per Videotelefonie zugeschaltet werden können.

Die sozialdemokratische Gesundheitspolitik hat den Grundsatz, dass alle Menschen in Deutschland unabhängig von ihrem Einkommen, Wohnort, oder ihren Lebensumständen die gleiche hochwertige Gesundheitsversorgung erhalten. Der SPD Gesundheitsminister Karl Lauterbach sollte diesem Grundsatz folgen. Trotzdem zeigt sich, dass für ihn und die Ampelregierung eine sichere und gleichwertige Versorgung der Bürgerinnen und Bürger nicht im Fokus steht.

Anstatt das bestehende Apothekensystem nachhaltig zu stärken, werden die Qualitätsstandards erheblich herabgesetzt und auch gravierende Kürzungen in der Versorgung für einen Großteil der Bevölkerung in Kauf genommen.

In Apotheken ohne Apotheker wird es keine individuellen Arzneimittel mehr geben, keine selbst hergestellten Fiebersäfte, die im Winter 2022/2023 so dringend benötigt wurden. Keine Notdienste, die vor allem von akut Kranken und Familien benötigt werden. Keine Substitutionsversorgung, also für Menschen, die aus der Drogenabhängigkeit geführt wurden und ein normales Leben in unserer Gesellschaft haben können. Es soll mehr geimpft werden, dies ist aber nur Apothekerinnen und Apothekern erlaubt.

Bei älteren Menschen sind bis zu 30 Prozent der Krankenhauseinweisungen auf unerwünschte Arzneimittelwirkungen zurückzuführen. Diese erkennen Apothekerinnen und Apotheker mittels einer Polymedikationsanalyse. Auch die Ausbildung von Apothekenfachpersonal wird es in »Light-Apotheken« nicht geben. Dies und vieles mehr steht auf dem Spiel.

Dem Willen von Herrn Lauterbach nach gibt es also starke Schmerzmittel aus Kostengründen evtl. nur noch an einem Tag der Woche. Vielleicht dienstags. Der Gesundheitsminister begründet die Notwendigkeit dieser Reform damit, dass es nicht genug Apothekerinnen und Apotheker bzw. Nachwuchs gäbe, um die Versorgung auf dem Land zu gewährleisten.

Dies ist aber nicht der Fall. Immerhin gibt es in Deutschland über 69.000 Apothekerinnen und Apotheker und nur noch 17.400 Apotheken. Des Weiteren schließen jedes Jahr über 2.000 junge Menschen erfolgreich ihr Pharmaziestudium ab. Gründe für die Apothekenschließungen sind nicht der fehlende Nachwuchs, sondern die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Apotheken.

Würden Sie mit dem Gehalt von vor 20 Jahren noch auskommen? Die Apotheken müssen es!

Wenn Apothekerinnen und Apotheker in der Industrie oder Verwaltung der Krankenkassen deutlich mehr verdienen, fehlen diese in der öffentlichen Apotheke. Eine höhere Bezahlung ist aber nicht möglich, denn jede 3. Apotheke steht vor dem Aus.

Anstatt eine existenzsichernde Vergütung zu ermöglichen, will der Gesundheitsminister die Ausgaben für das Apothekensystem noch weiter reduzieren, obwohl diese gerade mal 1,8 % der Gesamtkosten der gesetzlichen Krankenkassen ausmachen. Im Vergleich kostet allein die Verwaltung der Krankenkassen mit weniger Angestellten doppelt so viel!

Apothekerinnen und Apotheker sollen durch kostengünstigere pharmazeutisch-technische Assistentinnen (PTAs) ersetzen werden, obwohl diese nicht entsprechend ausgebildet sind und die Verantwortung für eine Apothekenleitung auch gar nicht übernehmen können und wollen. Der Ersatz von Apothekerinnen und Apotheker durch PTAs wird aber auch deswegen nicht funktionieren, weil es nicht genügend PTAs gibt. Aufgrund des niedrigen Einkommens wandern PTAs in andere Berufszweige ab.

Karl Lauterbach scheinen die rund 140.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (80 % Frauenanteil in der öffentlichen Apotheke!), die sich tagtäglich um die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung kümmern, nicht zu interessieren.

Wussten Sie, dass in der attraktiven Stadt Karlsruhe die Apothekenzahl seit 2013 um über 21 % zurückgegangen ist? Die Zahlen sind in ganz Baden-Württemberg ähnlich hoch.

So haben in Deutschland 2023 rund 500 Apotheken geschlossen. Für 2024 wird ein neuer Rekord von über 600 Apothekenschließungen erwartet, 2 Apotheken pro Tag. Dagegen haben die beiden großen niederländischen Versandkonzerne Shop-Apotheke und DocMorris 2023 zusammen rund 1,8 Milliarden Euro Umsatz in Deutschland erzielt. Diese Firmen zahlen hier keine Steuern, weder Gewerbe-, Lohn-, noch Mehrwertsteuer. Sie bieten keinen Notdienst an, stellen keine individuellen Rezepturen her, impfen nicht und sind nur an einem interessiert: ihrem Gewinn und unseren Versichertengeldern. Die ausländischen Versandfirmen und ihre Aktionäre profitieren von dieser politisch gewollten Krise im Apothekenwesen.

Schön, wenn dann die Konzerne auch keine Allgemeinwohlpflichten übernehmen müssen …

Die beiden großen niederländischen Versandkonzerne verschicken übrigens keine Betäubungsmittel nach Deutschland. Die gibt es dann nach neuer Reform künftig in manchen Regionen eventuell nur noch dienstags und irgendwann dann auch gar nicht mehr …

Ihre Apotheken aus Stadt und Land Karlsruhe, Ettlingen, Bretten, Bruchsal, Rastatt, Baden-Baden, Bühl, Achern und Pforzheim

Verantwortlich:
Gruppe Karlsruher Apotheker e. V.,
1. Vorstand Felix Maertin

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